1.1. Schulbildung findet in Deutschland ganz überwiegend in Verbänden von Jahrgangsklassen statt. Schüler eines Jahrgangs, ab Klasse 4 grob aufgeteilt in Haupt-, Realschule und Gyynasium oder in die A, B, oder C-Kurse von Gesamtschulen werden mit einem Angebot als jahrgangstypisch oder jahrgangsdurchschnittlich definierter Lehrinhalte "gefüttert". Alle folgen den Darbietungsformen, Übungsmethoden und dem einem Lehr-/Lerntempo ihres jeweiligen Lehrers, obwohl, jeden Tag wird es immer auf‘s neue beklagt, die Lernvoraussetzungen innerhalb der Klassengruppen erheblich differieren. Mit aufwendiger, und deshalb kaum verbreiteter und beim durchschnittlich engagierten Lehrer erst recht nicht beliebten "inneren Differenzierung" wird mühsam versucht, das auszugleichen.
1.2. Und dazu passend: alle Schüler werden an einem Maßstab gemessen und be- und verurteilt. Wer bei gegebenen Einheits-Bedingungen schnell lernt, ist "sehr gut", wer zurückbleibt "mangelhaft". Auf diese Weise werden unsere Kinder von ihren frühen Schulttagen an daran gewöhnt, dass es eine Rangfolge von Tüchtigkeit und Wertigkeit gibt, in der Schule - und diese ist nur die Vorschule für die sog. Leistungsgesellschaft, die auf Schulnoten die Verteilung von Berufs-/Verdienst- und Lebenschancen stützt.
1.3. Lernrückstände werden auf diese Weise vorwiegend zum Problem des ungenügenden Schülers erklärt, der das in Gestalt von Hausaufgaben, mit oder ohne Eltern oder Nachhilfe oder div. Therapien oder Pillen - ausserhalb der Schule - lösen soll. Klar dass das nicht besonders beliebt ist und selten einen durchschlagenden Effekt hat. Auf diese Weise entsteht - systembedingt - bei einer grösseren Minderheit von Schülern ein "kumulatives Defizit", das schließlich zu Motivationskrisen, zum Sitzenbleiben und schließlich zum vorzeitigen Schulabbruch führt. Bei einer anderen, nicht so kleinen Minderheit entsteht Langweile und entsprechendes Ausweichverhalten durch Unterforderung.
1.4. Im Prinzip neugierige, lernbegierige Kinder werden in diesem System von didaktischer Einheitskost und gleichgeschaltetem Lerntempo jeden Tag neu frustiert, mit dem Ergebnis, dass nach ein paar Jahren Schule das Verhältnis zum Lernen nicht mehr so eindeutig positiv ist, wie beim Schulanfänger. Auf diese Weise wird täglich "Humankapital" vernichtet.
1.5. Ein guter Teil der sog. Pisa-Katastrophen im Bildungsland Deutschland ist auf diese Systemmängel zurückzuführen. Die Antwort der Schulpoltik: Erhöhung des Pensums, Ganztagsschule, Verkürzung der Schulzeit, Erhöhung des Drucks durch eine Vervielfachung der vergleichenden Leistungsbeurteilungen, ganz nach dem Motto: die Sau wird umso fetter, je öfter sie gewogen wird. Und: Aufforderung an die Lehrer zur Differenzierung und Individualisierung des Lernens in heterogenen Klassengruppen, eine wenig motivierende Zusatzforderung an die Lehrer. Verständlicherweise fordern die deshalb kleinere Klassengrössen.
Konsequenzen aus diesen systembedingten Mängeln:
2.1. Lernraum statt Jahrgangsklasse:
Die Jahrgangsklasse mit
sehr heterogen zusammengesetzter Schülergruppe taugt vor allem
nicht für Lerngebiete, in denen es um den langfristigen Erwerb
von hierarchisch aufeinanderaufbauendem Wissen/Können geht, z.B.
Mathematik oder Sprachenerwerb. Für solche Lerngebiete wird
vorgeschlagen, statt Klassenräumen eine Sequenz von Lernräumen
anzubieten, in denen sich Lerninteressierte jeder Altersstufe solange
aufhalten können und sollen, wie sie wollen. Am Beispiel: In
einer allgemeinbildenden Schule für 6 bis 16-jährige gibt
es 10 Lernräume Mathematik. In diesen 10 Räumen ist durch
diverses Lehr-/Lernmaterial und mindestens einen Lehrer das
repräsentiert, was heute in etwa dem Lehr-/Lernstoff der
Schuljahre 1 - 10 entspricht. Die Schüler sollen sich in diesen
Lernräumen solange aufhalten, bis sie den Abschlusstest für
den aktuellen (= Eingangstest für den nächsten) Lernraum
sicher bestanden haben.
2.2. Jedem seine Zeit im jeweiligen Lernraum:
Den Lernraum 1 für Mathe werden manche 6-jährigen Schulanfänger in wenigen Wochen absolvieren oder gleich überspringen; andere werden dafür evtl. Jahre brauchen, selbst dann, wenn sie intensiv mitmachen und gefördert werden; und: das ist für beide "Randgruppen" gut so und für die dazwischen natürlich auch. Jeder Schüler soll und darf in seinem Tempo, mit der für ihn notwendigen Zahl von Übungen, Wiederholungen, Variationen, Hilfen etc. voranschreiten. Und: es kann sehr wohl sein, dass der Überflieger in Mathe, sich mit dem Spracherwerb mehr Zeit nehmen wird; warum auch nicht - kein Problem in einer Schule mit Lernräumen.
2.3. Lerndiagnostik statt Noten:
Es gibt in dieser Schule kein "Mathe Mangelhaft", sondern nur Lerndiagnostik ("In welchen Lernraum gehöre ich? Wo stehe ich in diesem Raum? Was ist als nächstes dran? Welche Hilfen brauche ich?"). Verschiedene Schulabschlusszeugnisse werden ausgestellt, wenn ein festzulegendes Minimum an Lernräumen erfolgreich absolviert wurde.
2.4. Materialisierung der Lernräume:
Das Materialangebot in
einem Lernraum regt Lernende verschiedener Alterstufen, aber
ähnlichen Lernvoraussetzungen auf möglichst einfache und
direkte Art und Weise dazu an, sich mit den Inhalten und Zielen des
Lernraums selbsttätig auseinanderzusetzen. Ein und derselbe
Inhalt wird mit verschiedenen Mitteln, Medien, Methoden, Materialien
präsentiert; es gibt eine Variation der Wege zum Ziel; die
Variation der Annäherung an ein noch Unbekanntes, erhöht
die Chancen für alle Lernenden einen erfolgreichen Weg zu
finden.
Der Lernraum muss für sich sprechen und durch seine
Gestaltung nahelegen, was getan werden kann, um im entsprechenden
Fachgebiet voranzukommen. Die Lernumwelt selbst hat Anregungs- und
Aufforderungsqualität; wer in den passenden Lernraum gelangt,
muss nicht lange überredet werden, im Sinne der Lehr-/Lernziele
aktiv zu werden. Der einzelne Lernraum führt zu einer
Focussierung der dort Lernenden auf ein eingegrenztes Spektrum von
Lernzielen – ein Unterschied zum "Open Classroom", in
dem ein Nebeneinander sehr divergenter Lerninhalte die Regel ist.
Wenn ein Lehrer mal fehlt, bricht nicht gleich alle Lernaktivität
zusammen. Die Schule als Folge von Lernräumen stellt regelrecht
greifbar den gesamten Bildungsweg, Ziele und Zwichenziele auf dem Weg
zum Schulabschluss dar.
Die Gestaltung der Lernräume mit einer Vielzahl von passenden Lern- und Übungsgelegenheiten baut auf die in jedem Schüler angelegte intrinsische Motivation (Wissen wollen, können wollen, erleben wollen) und auf Selbsttätigkeit. Die Lernräume bieten möglchst viel gute Nahrung für diese Grundbedürfnisse jedes jungen Menschen.
2.5. Personalisierung des Lernraums:
Zugleich ist der Mensch beim Lernen angelegt auf den Kontakt mit einer oder mehreren pädogischen Bezugspersonen: Vormachen (Vorbild) und nachmachen/aufnehmen, Anleitung und Folgen; Kontrolle und Verstärkung, Anlehnung und Geborgenheit sind grundlegende menschliche Modalitäten, die in keiner Schule unberücksichtigt bleiben dürfen.
Fachlehrer oder
Experten von ausserhalb stellen das zu Lernende persönlich vor
und dar, in Lektionen, Demonstrationen, Vorträgen, u.U. auch vor
einer grossen Zahl von Schülern. Anschließend vertiefen,
variieren, wiederholen sie die anstehenden Lernfelder mit kleinen
Gruppen oder Einzelnen; stehen für Fragen aller Art zur
Verfügung, geben Anregungen, Anweisungen, Rückmeldung,
Anerkennung, teilen Freud und Leid.
Tutoren aus höheren
Lernräumen erhalten die Aufgabe, Einzelne oder kleine Gruppen zu
unterstützen. Die Tutoren üben sich darin, Verantwortung zu
übernehmen für das Fortkommen eines anderen und repetieren
dabei die Lerninhalte aus einer neuartigen Perspektive. Besucher,
Eltern können sich in den Prozess einbringen, wie es gerade
naheliegt. Alle fühlen sich ein bisschen mitveranwortlich für
jeden, der in Schwierigkeiten ist. Keiner wird aufgegeben.
Die
Lektionen, Demonstrationen u.ä. werden aufgezeichnet; die
gelungensten werden in einer Mediathek bereitgehalten, so dass
einzelne oder Gruppen von Schülern nach eigenem Belieben sich
eine Wiederholung ansehen/hören können. ("wir
wiederholen das solange, bis wir es verstanden haben.") Schülern
mit besonderen Problemen (Lernstörungen, psycho-soziale
Störungen u.ä.) können im Rahmen der Lernräume
von Spezialisten begleitet werden und ein zusätzliches Training
erhalten, und so z.B. lernen, aggressive Impulse besser zu
regulieren oder übermäßige Schüchternheit zu überwinden (Letzteres wird zuwenig beachtet!).
2.6. Navigationshilfen und Tests:
Junge Menschen können,
zu einem guten Teil, sich selbst in einer für sie und von ihnen
gestalteten Lernumwelt orientieren – schon Säuglinge
können das. Zu einem anderen Teil ist es gut, wenn sie auf dem
Weg durch das Labyrinth der Bildung Navigationshilfen an die Hand
bekommen; zum einen ist da die Person des Lehrers mit seinem
Überblick; zum anderen braucht es so etwas wie ein persönliches
Arbeits- und Logbuch, mit dem sichtbar und nachvollziehbar gehalten
wird. "Wo stehe ich, wo will ich hin, was brauche ich noch."
Diese Fragen sollte der Schüler mit einem Blick in sein Logbuch
beantworten können. Ein Lernraum kann vom Schuüler
abgeschlossen und der folgende aufgesucht werden, wenn bestimmte
inhaltlich definierte Lernziele erreicht sind. Das wird durch Tests
geprüft. Für den Fall, dass noch nicht alle Ziele des
Lernraums erreicht sind, ergibt sich aus dem Test und seiner
Auswertung eine Rückmeldung an den Lernenden, was, wie, wo mit
welchen evtl. Hilfen noch zu lernen, zu verbessern, zu entdecken, zu
perfektionieren usw. ist.
2.7. Lebenslanges Lernen:
Jeder Mensch könnte das Recht bekommen, auch nach beendeter normaler Schulzeit, in einen bestimmten Lernraum seines Interesses und seinen Voraussetzungen gemäß noch einmal einzusteigen und abzuschließen, was früher, aus welchen Gründen auch immer, nicht gelingen konnte; so könnten in einem bestimmten Lernraum Menschen sehr unterschiedlichen Alters und persönlichen Hintergrunds, aber mit gemeinsamen Lernzielen zusammenkommen. So könnte der Lernraum eine reiche Quelle sozialer Erfahrungen sein, die das inhaltsbezogene Lernen anregen und vertiefen, bestimmt manchmal auch verzögern oder behindern.
2.8. Nicht-sprachliche Begabungen:
Die gegenwärtige Schule ist sprachlastig und gibt denen bessere Erfolgschancen, die ein hohes sprachliches Niveau schon mitbringen. Vor allem Jungen mit weniger sprachbetonter Begabung, zumal solche mit Migragtionshintergrund, werden zu "underachievern", d.h. Schulversagern trotz vorhandener Potentiale im mathematischen, technischen oder natürwissenschaftlichen Bereich. Denen muss in geeigneten Lernräumen mehr Nahrung für ihre Bastel-, Bau-, und Experimentierlust sowie ihren Forscherdrang gegeben werden. Der immer wieder begklagte Mangel an Fachkräften in diesem Bereich könnte so wirksam ausgeglichen werden.
Der Lehrer und seine Aufgaben/rollen
Kontinuierliche Verbesserung der Lernräume durch Verlagsprodukte und selbsthergestellte Materialien.
Zusatzlehrer; Fachleute für ...
Tutoren; beim Lehren wird gelernt.
Querverbindungen zwischen den Lernräumen.
Welche Fachgebiete in Lernräumen? Wie werden die anderen unterrichtet?
Die Jahrgangsgruppe und die anderen Lernbereiche; Verbindung zu den Lernräumen; nebeneinander versch. Arbeitsweisen stiftet evtl. Verwirrung.
Einwände: der langsame 12-Jährige wird keine Lust mehr haben mit den 8-Jährigen von Lernraum 2 herumzumachen. Der Ältere wird sich wie im bisherigen System im Vergleich abwerten.
Die Altersgruppe ist eine so wichtige Orientierungsgröße für Freundschaften Entwicklung von ähnl. Interessen, Sozialisation. usw usw, dass die Persönlichkeitsentwicklung schaden nimmt, wenn sie nicht mehr das vorrangig bestimmende Organistiaonsprinzip der Schule bildet.
Aufwand an Räumen/ Materialien. Kosten. Träger?
Wohl doch erhebliche Mindestgröße einer so strukturierten Bildungsstätte.